
Fränkisch for Future
Besuch im Landgasthof
Wir sitzen in einer Stube. Sonnenlicht fällt durchs Fenster und erhellt den Gastraum. Es sieht so aus, wie man sich ein traditionell fränkisches Gasthaus vorstellt: holzvertäfelte Wände, rustikales Mobiliar, karierte Vorhänge – alles urig, aber gemütlich. Dann fällt der Blick auf etwas, das so gar nicht in die Kulisse passen will: weiß gerahmte Drucke mit Motiven des berühmten Street-Artists Banksy. Wie eine Warnung hängen sie da und sagen: „Bloß nicht vom ersten Eindruck täuschen lassen.“ Um einen der Holztische sitzen Melina und Luca Vitale mit Nicolas Frank. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs betreiben sie Schwabs Landgasthof in Schwarzach seit rund einem halben Jahr. Ihr Ziel: das traditionsreiche Restaurant aufs nächste Level heben. Aber fangen wir von vorn an.

Nächstes Kapitel: Schwarzach
Kennengelernt haben sich Luca und Nicolas in einer Restaurantküche auf Sylt. Beide sind ausgebildete Köche und begeisterten sich schon immer für Kulinarik. Lucas Erweckungsmoment? Als er zum ersten Mal für seine Großmutter kochte: „Sie war aufrichtig begeistert. Da habe ich verstanden, dass ich mich selbst und andere mit Essen glücklich machen kann.“ Auch in Nicolas‘ Leben spielt das Thema früh eine wichtige Rolle: „In meiner Familie hatte Essen einen hohen Stellenwert. Meine Eltern haben mich regelmäßig in schöne Restaurants mitgenommen.“ Melina, gelernte Tierarzthelferin, gelangte durch ihren Mann Luca in die Gastronomie und fand ihre Leidenschaft im Service.
Die Idee zur Selbstständigkeit kam sehr früh: „Wahrscheinlich den Arbeitsbedingungen auf Sylt geschuldet. Das Saisongeschäft ist hart, vor allem für Arbeitnehmer“, erklärt Nicolas. Als in Schwarzach ein neuer Pächter für den Landgasthof gesucht wurde, ergriffen die drei ihre Chance. Nicolas stammt aus der Nähe von Schwarzach und kannte das Objekt inklusive Vorbesitzer bereits durch seinen Vater. Luca und Melina, ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen und Sylt, folgten ihm nach Unterfranken. Zeitpunkt, Standort, Preis und Investitionsvolumen stimmten – und das Wagnis begann. Der Fahrplan ist simpel: „Optisch sind wir zwar immer noch ein Landgasthof, aber wir machen daraus ein Restaurant mit hohem Anspruch“, sagt Luca.



Brutal ehrliche Küche
Seit der Übernahme gibt es deshalb gehobene deutsche Küche mit internationalen Einflüssen. Die Devise lautet dabei immer „brutale Ehrlichkeit“ – im Mittelpunkt stehen regionale und saisonale Produkte. Luca und Nicolas experimentieren viel und gestalten ihre Speisekarte regelmäßig neu. Ausgewählte Klassiker wie das Backhendl bleiben. „Als kulinarisches Friedensangebot für etwas festgefahrene Gäste“, ergänzt Nicolas mit einem Augenzwinkern. Doch auch das ist alles andere als Standard: Zu saftiger ausgelöster Hähnchenkeule gibt es Sous-vide-Karotte, Karottenpüree, Erbse und Kräuterquark. „Wir kochen, worauf wir Bock haben – natürlich möglichst regional. Aber wir setzen uns keine Grenzen. Die einzige Grenze ist Qualität“, sagt Luca. So finden sich auf der Karte neben Beef Tatar mit fränkischem Trüffel auch Schweinebauch Thai-Style oder Ponzu Lachs, eines von Lucas persönlichen Lieblingsgerichten.

Neben dem À-la-carte-Angebot serviert das Team ein wechselndes Fünf-Gänge-Menü. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs im August ist es komplett vegetarisch. „Es gibt zu keiner Zeit im Jahr so viel frisches Gemüse – und das hat gerade auch so eine Power“, schwärmt Luca. Er erzählt von Zwiebelreduktionen, Fermentation und Staub aus Tomaten. „Das waren richtige Geschmacksexplosionen. Jeder, der das gegessen hat, war absolut begeistert!“ Das Highlight des Menüs: gegrillte Karotte mit Schwarzacher Mangold, Kohlrabi, Kartoffeln und Tomaten-Beurre-Blanc. Fleisch oder Fisch vermisst da wirklich niemand. Die Frage nach einem Stern liegt nahe. Nicolas wiegelt vorsichtig ab: „In erster Linie wollen wir ein gut funktionierendes Unternehmen.“ Schnell schickt Luca hinterher: „Aber wir sind ambitioniert, das kann man nicht von der Hand weisen. Man schickt so ein Menü nicht aus Jux und Tollerei.“
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